Ich war nie der klassische Nerd. Und wenn man mich noch vor zwei Jahren gefragt hätte, wie digital unser Arbeitsalltag aussieht, hätte ich wohl etwas von „Steintafeln“ und im Besten Fall von „Papierakte“ erzählt. Heute steht unser Team an einem völlig anderen Punkt. Innerhalb von nur 15 Monaten haben wir unsere Maklerstruktur radikal umgebaut, digitalisiert und skalierfähig gemacht. Das war kein Selbstläufer, dafür ein echter Gamechanger – für uns und unsere Kunden.
Meine Erfahrungen aus Projektmanagement, IT und Einkauf im Konzern halfen mir, die Notwendigkeit klarer Prozesse und Vermarktungsstrategien zu erkennen und erfolgreich umzusetzen. Trotz großartiger Fortschritte sehe ich noch Potenzial zur Optimierung und Perfektionierung unserer Abläufe.
Von null auf digital in Rekordzeit
Als ich im KV.Haus begann, war eines klar: Hier wurde mit viel Herzblut gearbeitet – aber die Prozesse waren kaum vorhanden noch strukturiert. Mein großer Vorteil: Ich hatte mir bewusst die Zeit genommen, zunächst nicht direkt in die Vertriebstätigkeit einzusteigen. Dadurch konnte ich mich sechs Monate voll und ganz dem Aufbau und der Transformation widmen. Ich analysierte systematisch alle Abläufe – vom CRM-System bis zur Antragsstrecke. Jede Entscheidung richtete sich danach, wie wir künftig arbeiten wollten: effizient, skalierbar, kundenzentriert.
Dabei halfen uns finanzielle Rücklagen und Digitalisierungsförderungen, um uns ausreichend Freiraum für die umfangreiche Transformation zu verschaffen. Wir integrierten über 11.000 Kunden automatisiert ins neue System, entwickelten die Website selbst und setzen nun zunehmend auf KI-Lösungen in unserem Backoffice.
Tools? Ja – aber sinnvoll ausgewählt
Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Für mich muss ein Tool intuitiv sein. Niemand hat heute Zeit, sich zwei Tage für ein System einzuarbeiten. Deshalb setzen wir auf schlanke, verständliche Lösungen – und bauen vieles selbst. Unsere Kundenverwaltung ist vollständig automatisiert, die Website haben wir selbst konzipiert und aktuell integrieren wir erste KI-Elemente in unser Backoffice. Dabei achten wir strikt auf IT-Security und DSGVO-Konformität. Gerade im sensiblen Umfeld von personenbezogenen Gesundheitsdaten ist das ein Muss. Tools wie GPT, Gamma oder Canva helfen uns bei Konzeption und Marketing – aber sobald Kundendaten im Spiel sind, setzen wir auf maßgeschneiderte Lösungen mit lokalem Datenhosting in deutschen Rechenzentren.
Wissensmanagement, das skaliert
Ein entscheidender Schritt für die Effizienzsteigerung war unsere interne Wissensdatenbank. Hier dokumentieren wir Prozesse, hinterlegen Tutorials und FAQs, die Mitarbeitenden jederzeit on demand zur Verfügung stehen. Dies spart nicht nur Einarbeitungszeit, sondern gibt jedem Mitarbeitenden Sicherheit und Klarheit bei selten auftretenden Anfragen. Auch selten genutzte Prozesse sind so schnell verfügbar und nachvollziehbar. Dadurch entsteht ein internes Ökosystem, in dem Wissen transparent geteilt wird und alle auf einem einheitlichen Stand bleiben. Das schafft eine Kultur des Teilens und eine höhere Produktivität im gesamten Unternehmen.
bKV und Automatisierung – ein perfektes Duo
Gerade bei Größtkollektiven im Bereich der bKV zeigt sich der Mehrwert intelligenter Automatisierung besonders deutlich. Wer einen Firmenkunden gewinnt, betreut nicht nur einen Ansprechpartner, sondern oft mehrere Hundert oder Tausend Versicherte.
Trotz umfassender Aufklärung treten immer wieder ähnliche Fragen auf: Was deckt das Gesundheitsbudget ab? Wie funktioniert die Abrechnung von Brillen oder Medikamenten? Solche Informationen bündeln wir zentral in einer automatisierten Wissensdatenbank, um unsere internen Ressourcen deutlich zu entlasten. Wir planen zudem, mithilfe KI-gestützter Systeme Standardfragen zukünftig automatisch zu beantworten, was die Effizienz und das Kundenerlebnis erheblich steigert.
Servicelevel, das überzeugt
Unser Anspruch ist klar: Wir wollen innerhalb von 24 Stunden reagieren, idealerweise schneller. Digitale Unterstützung hilft uns, Anfragen automatisiert zu erkennen, zuzuordnen und zeitnah zu beantworten. Dieser schnelle und kompetente Service stärkt das Vertrauen der Kunden und generiert wertvolle Weiterempfehlungen. Wir erleben immer wieder, wie wichtig Schnelligkeit und Zuverlässigkeit für die Kundenbindung sind. Unsere digitalen Prozesse ermöglichen es uns, diese Servicequalität konsequent und nachhaltig sicherzustellen und kontinuierlich zu verbessern.
Mein Rat an Kolleginnen und Kollegen
Digitalisierung beginnt mit Haltung. Wer bereit ist, sich reinzudenken, schafft schneller Fortschritte, als man glaubt. Nicht alles muss man selbst machen – aber man sollte verstehen, was man warum tut. Und man sollte kritisch bleiben: Nicht jedes Tool, das teuer ist, ist auch gut. Wir haben Angebote bekommen, die zwischen 3.000 und 15.000 Euro lagen – für dasselbe Projekt. Hier hilft es, IT-Kompetenz im Netzwerk zu haben oder dazuzulernen.
Mein Appell: Beginnt. Vielleicht klein. Aber fangt an. Digitalisierung ist keine Option mehr – sie ist die Voraussetzung, um im Maklerbüro nicht nur zu überleben, sondern gezielt zu wachsen.
Titelbild: © Fabian Albrecht
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