Digitale Selbstständigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern Alltag. Wer heute selbständig im Online-Business durchstartet, ist auf reibungslos funktionierende digitale Prozesse angewiesen. Doch kaum jemand denkt bei aller Innovationsfreude an eine der Schattenseiten der Digitalisierung: an Cyberrisiken. Gerade bei jungen, agilen Geschäftsmodellen fehlt häufig das Bewusstsein für die Verwundbarkeit der eigenen IT-Infrastruktur. Im Gespräch mit Martin Kerkloh, Cyber-Experte der Continentale Versicherung, habe ich nachgefragt, warum gerade hier viele Maklerkolleginnen und -kollegen Beratungsbedarf haben, und wie wir ihn gemeinsam decken können.
„Cyber ist kein Produkt, sondern ein Prozess“
Martin bringt es auf den Punkt: Cyberversicherung darf nicht als einfache Produktlösung verstanden werden. "Der Abschluss einer Police ist nicht das Ende, sondern bestenfalls der Einstieg in einen kontinuierlichen Risiko- und Beratungsprozess“, betont er. Besonders bei digitalen Geschäftsmodellen wie Agenturen, Coaches, Shops oder Social-Media-Beratung sei die IT- und Datenstruktur zentraler Bestandteil des Business. Wenn dort etwas ausfällt oder kompromittiert wird, stehen schnell alle Räder still - und das mit teils existenzbedrohenden Folgen.
Das Besondere an Cyber: Die Bedrohungslage verändert sich ständig. Neue Tools wie ChatGPT eröffnen riesige Chancen, werfen aber auch Fragen zu Datenschutz, Haftung und Absicherung auf. Hier braucht es nicht nur technisches Know-how, sondern vor allem ein tiefes Verständnis für das Geschäftsmodell des Kunden. Und das ist für viele Makler bislang Neuland.
„Viele Makler beraten noch wie in den 90ern“
Kritisch beschreibt Martin, wie die Versicherungsbranche in der Cyberberatung oft noch im analogen Denken verharrt. Während Risiken wie Feuer oder Haftpflicht tief im kollektiven Gedächtnis verankert sind, bleiben Cybergefahren abstrakt, zumindest bis zum ersten echten Schadenfall. Dass es auch anders geht, zeigt das Modell der Continentale: Makler werden mit technischen Tools, Musterdokumenten und persönlichem Support dabei unterstützt, den Beratungsprozess strukturiert und haftungssicher zu gestalten.
Ein zentrales Werkzeug dabei ist die individuelle Risikobeurteilung mit Hilfe des Business Models Canvas. Makler lernen dabei, wie sie das Geschäftsmodell ihrer Kunden analysieren und daraus konkrete Risiko-Szenarien ableiten können. Unterstützt wird dies durch reale Schadenfälle und die Auswertung öffentlich zugänglicher Bedrohungsdatenbanken. Auch ein Seismo-Report (Outside-in Scan / cysmo®) gehört dabei zum Standard. So entsteht ein belastbares Bild der digitalen Verwundbarkeit eines Unternehmens. Eine optimale Basis für eine qualifizierte Beratung, berichtet Martin.
„Du musst es nicht selbst können, aber du musst es ansprechen“
Ein weiterer wichtiger Punkt: Viele Makler trauen sich an das Thema Cyber gar nicht erst heran, weil sie sich fachlich nicht sicher fühlen. Doch genau das kann im schlimmsten Fall zur Haftungsfalle werden. Denn auch das bewusste Weglassen eines Themas, das Potenzial hat, die Existenz des Unternehmens zu gefährden, kann durchaus als Beratungsfehler gewertet werden. Martin rät deshalb, sich als Makler nicht zu scheuen, auf Netzwerkpartner zurückzugreifen: „Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Professionalität, wenn ich dem Kunden sage: Für Cyber ziehe ich einen Spezialisten hinzu.“
Besonders für kleinere Unternehmen und Soloselbstständige bietet die Continentale daher ein praxisnahes Beratungskonzept. Im Zentrum steht ein strukturierter Cyberdialog, inklusive technischer Risikoaufnahme, Awareness-Schulungen für Mitarbeitende und optionalen Jahresgesprächen. Selbst IT-Laien können so valide Empfehlungen geben und ihren Kunden ein ganz neues Level an Sicherheit bieten.
„Cyberberatung ist Prävention. Und Positionierung“
Ein starkes Argument, das oft vergessen wird: Cyberprävention ist auch ein Serviceversprechen. Über Plattformen wie „Cyber Fuchs“ erhalten Kunden bereits vor einem Schadensfall konkrete Mehrwerte: von Notfallplänen über Mitarbeiterschulungen bis hin zu technischen Handlungsempfehlungen. Besonders spannend fand ich, dass diese Services nicht einfach „abgelegt“, sondern gemeinsam mit dem Kunden interpretiert und operationalisiert werden. Ein echter Unterschied zu klassischen Anbietern.
Auch für mich als Maklerin bedeutet das: Wenn ich digitale Unternehmerinnen und Unternehmer anspreche, kann ich mich mit diesem Beratungsansatz klar vom Wettbewerb abheben. Wer IT-Sicherheit nicht nur versichert, sondern auch vermittelt, wird zum strategischen Partner seiner Kunden, gerade in einem Umfeld, in dem Vertrauen und Kompetenz die entscheidenden Währungen sind.
Mein Fazit: Cyberversicherung ist mehr als ein Nischenprodukt – sie ist ein zentrales Beratungsfeld für alle, die sich mit digitalen Zielgruppen befassen. Unser Gespräch hat mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, dieses Thema in der täglichen Beratungspraxis zu verankern. Ich nehme viele Impulse mit, und ich hoffe, auch Du hast jetzt Lust, die Cyberberatung aktiv in Deinen Beratungsalltag zu integrieren. Wenn Du Unterstützung brauchst: Es gibt sie. Und das ist gut so.
Titelbild © Kimberly Elsholz
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