In der Welt der privaten Krankenversicherung (PKV) herrscht oft Verwirrung - besonders wenn es um die Begriffe "Anwartschaft" und "Optionstarif" geht. Diese Verwirrung ist nicht zufällig. Sie ist teilweise das Ergebnis einer unpräzisen, manchmal sogar irreführenden Kommunikation durch Versicherungsvertreter und -gesellschaften. Besonders angehende Beamte werden häufig mit dieser Begriffsverwirrung konfrontiert, wenn sie ihre Absicherung planen. Dieser Fachartikel beleuchtet die entscheidenden Unterschiede und zeigt auf, warum eine korrekte Differenzierung für Versicherungsnehmer essenziell ist.
Begriffsunschärfe in der Beratungspraxis
Was häufig als "Anwartschaft" für angehende Beamte und Referendare beworben wird, ist bei genauer Betrachtung fast immer ein Optionstarif. Diese Begriffsverwirrung ist kein Zufall: Der Begriff "Anwartschaft" ist bei Verbrauchern bekannter und etablierter. Versicherungsunternehmen nutzen diese Bekanntheit, obwohl es sich technisch um unterschiedliche Produkte handelt. Diese Ungenauigkeit führt nicht selten zu Missverständnissen bei der Beratung und kann für Versicherungsnehmer weitreichende Folgen haben.
Grundlegende Konzeptunterschiede
Die Anwartschaftsversicherung: Ein ruhendes Vertragsverhältnis
Eine Anwartschaftsversicherung richtet sich ausschließlich an Personen, die bereits eine private Krankenversicherung besitzen und diese vorübergehend ruhen lassen müssen. Sie stellt ein pausierendes Vertragsverhältnis dar: Leistungsansprüche temporär werden ausgesetzt, während bestimmte Rechte für die spätere Wiederaufnahme gesichert bleiben. Typische Anwendungsfälle sind Auslandsaufenthalte, Arbeitslosigkeit oder vorübergehender Heilfürsorgeanspruch.
Die Anwartschaft kommt in zwei Varianten vor:
- Kleine Anwartschaft: Sie kostet etwa 10 % des ursprünglichen PKV-Beitrags und friert lediglich den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt des Abschlusses ein. Bei Wiederaufnahme der Versicherung wird das dann erreichte Lebensalter für die Beitragsberechnung zugrunde gelegt. Dies kann zu deutlich höheren Prämien führen.
- Große Anwartschaft: Diese umfassendere, aber auch teurere Variante (oft 200 Euro monatlich oder mehr) konserviert nicht nur den Gesundheitszustand, sondern auch das ursprüngliche Eintrittsalter. Zudem werden während der Anwartschaftszeit kontinuierlich Altersrückstellungen aufgebaut, was bei der Wiederaufnahme zu niedrigeren Beiträgen führt.
Der Optionstarif: Eine Zukunftsoption für GKV-Versicherte
Im Gegensatz zur Anwartschaft richtet sich ein Optionstarif primär an Personen, die aktuell in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert sind, aber einen zukünftigen Wechsel in die PKV planen oder zumindest absichern möchten. Der Optionstarif ist keine ruhende Versicherung, sondern lediglich eine Option auf einen zukünftigen Versicherungsabschluss ohne erneute Gesundheitsprüfung.
Die Kosten für einen Optionstarif sind mit durchschnittlich fünf bis 15 Euro monatlich vergleichsweise gering. Die Laufzeit ist typischerweise begrenzt und beträgt meist zwischen einem und zehn Jahren, manchmal auch bis zu 20 Jahren. Ein wichtiger Vorteil liegt in der Flexibilität bei der Tarifwahl: Während bei einer Anwartschaft der spätere Tarif bereits feststeht, können Optionstarif-Inhaber bei der Ausübung ihrer Option zwischen verschiedenen verfügbaren Tarifen wählen.
Besondere Relevanz für angehende Beamte
Für Personen, die eine Beamtenlaufbahn anstreben, aber noch nicht verbeamtet sind, ist die korrekte Unterscheidung zwischen Anwartschaft und Optionstarif besonders wichtig. Sie benötigen keineswegs eine Anwartschaft (da sie ja noch nicht privat versichert sind), sondern einen Optionstarif, der ihnen den späteren Einstieg in die PKV ohne erneute Gesundheitsprüfung ermöglicht.
Der Optionstarif fungiert für angehende Beamte als eine Art Versicherung der Versicherungsfähigkeit. Er stellt sicher, dass auch bei späteren gesundheitlichen Einschränkungen der Zugang zur PKV ohne Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse möglich bleibt. Dies ist besonders wichtig, da die PKV für Beamte durch die Beihilfe des Dienstherrn in der Regel wirtschaftlich deutlich attraktiver ist als die gesetzliche Krankenversicherung.
Fallbeispiel: Der Tarif "Mehr Optionen" der Barmenia
Ein praxisnahes Beispiel für einen solchen Optionstarif ist "Mehr Optionen" der Barmenia Krankenversicherung. Dieser richtet sich gezielt an verschiedene Zielgruppen, darunter Studierende, Absolventen und Beamtenanwärter, die bisher gesetzlich versichert sind oder Anspruch auf Heilfürsorge haben.
Der Tarif kann bis zu einem Alter von 50 Jahren abgeschlossen werden und bietet das Recht auf den späteren Abschluss einer Krankheitskosten-Vollversicherung oder einer Ergänzungsversicherung zur GKV ohne erneute Gesundheitsprüfung. Die Beiträge liegen zwischen 5,50 Euro und 15,50 Euro monatlich, abhängig vom Eintrittsalter.
Eine Besonderheit des Barmenia-Tarifs ist die Möglichkeit der mehrfachen Optionsausübung: Versicherte können zunächst eine Zusatzversicherung abschließen und später noch in die Vollversicherung wechseln. Die grundsätzliche Versicherungsdauer beträgt zehn Jahre, mit der Möglichkeit einer automatischen Verlängerung um weitere zehn Jahre unter bestimmten Bedingungen.
Bei der Ausübung der Option auf eine Vollversicherung stehen verschiedene Leistungsbereiche zur Verfügung, darunter ambulante und stationäre Heilbehandlung, Zahnbehandlung und Zahnersatz sowie Krankentagegeld. Wichtig zu beachten: Bei der Beitragseinstufung gilt das zum Zeitpunkt der Umstellung erreichte Lebensalter als tarifliches Eintrittsalter. Das bedeutet, dass keine Alterungsrückstellungen während der Optionszeit aufgebaut werden.
Warum die korrekte Begriffsdifferenzierung wichtig ist
Die ungenaue oder falsche Verwendung der Begriffe "Anwartschaft" und "Optionstarif" in der Beratungspraxis ist mehr als ein semantisches Problem. Sie kann zu erheblichen Missverständnissen führen und im schlimmsten Fall sogar zu falschen Produktentscheidungen der Verbraucher.
Besonders problematisch ist, dass viele angehende Beamte glauben, sie würden eine "Anwartschaft" benötigen, obwohl sie de facto einen Optionstarif brauchen. Diese Begriffsverwirrung wird von der Branche teilweise bewusst in Kauf genommen oder sogar gefördert, da der Begriff "Anwartschaft" bei Verbrauchern bekannter ist.
Eine präzise Differenzierung ist auch deshalb wichtig, weil beide Produkte völlig unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und verschiedene rechtliche sowie finanzielle Implikationen haben:
- Rechtlicher Status: Eine Anwartschaft setzt einen bestehenden PKV-Vertrag voraus, während ein Optionstarif ein eigenständiges Produkt für GKV-Versicherte ist.
- Kostenunterschiede: Anwartschaften (besonders die große Variante) sind deutlich teurer als Optionstarife.
- Leistungsumfang: Bei einer Anwartschaft ist der spätere PKV-Tarif bereits festgelegt, während ein Optionstarif mehr Flexibilität bei der Tarifwahl bietet.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Die Unterscheidung zwischen Anwartschaftsversicherung und Optionstarif ist für angehende Beamte von entscheidender Bedeutung. Wer noch nicht verbeamtet ist, aber eine Beamtenlaufbahn anstrebt, benötigt in aller Regel einen Optionstarif - nicht eine Anwartschaft, wie oft fälschlicherweise suggeriert wird.
Ein Optionstarif wie der "Mehr Optionen"-Tarif der Barmenia bietet eine kostengünstige Möglichkeit, sich den späteren Zugang zur PKV unabhängig von der gesundheitlichen Entwicklung zu sichern. Dies ist besonders wichtig, da die PKV durch die Kombination mit der Beihilfe für Beamte in der Regel die wirtschaftlichere Option darstellt.
Verbraucher sollten bei der Beratung kritisch nachfragen, ob wirklich eine Anwartschaft gemeint ist oder ob eigentlich ein Optionstarif das passende Produkt wäre. Die konkrete Produktbezeichnung sollte weniger wichtig sein als die tatsächliche Funktionsweise und der Leistungsumfang. Nur so kann sichergestellt werden, dass die gewählte Absicherung optimal zur individuellen Situation passt und keine unnötigen Kosten entstehen.
Für angehende Beamte bleibt die Empfehlung: Frühzeitig mit einem Optionstarif absichern, um sich alle Möglichkeiten für den späteren Einstieg in die PKV offenzuhalten - unabhängig davon, wie sich der Gesundheitszustand entwickelt. So bleibt der Weg in die für Beamte oft vorteilhaftere private Krankenversicherung auch bei später auftretenden Erkrankungen offen.
Ein Optionstarif sichert den späteren Zugang zur PKV – doch was passiert, wenn aus angehenden Beamten Eltern werden? Wie funktioniert die Mitversicherung von Kindern in der PKV, welche Rolle spielt die Beihilfe, und wo lauern kostenintensive Fallstricke? Diese Fragen werden im nächsten Beitrag geklärt, der sich ausführlich mit den beihilferechtlichen Besonderheiten und der optimalen Tarifauswahl für Beamtenkinder beschäftigt.
Titelbild: © Frank Bender